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Was passiert bei einer Traumatisierung

Der „normale“ Traumaverlauf lässt sich in drei Phasen einteilen:

a) Schockphase

Menschen haben die Fähigkeit Gefahren, die das eigene Leben oder die persönliche Integrität bedrohen, innerhalb kürzester Zeit wahrzunehmen. Noch ehe wir zu denken beginnen, reagiert unser Körper mit ganz bestimmten Überlebensstrategien – zum Beispiel mit dem Versuch zu kämpfen oder zu fliehen. Wenn aber diese Reaktionen nicht möglich sind, kann das bedrohliche Ereignis traumatisierend sein, d. h. es können sich Traumasymptome bilden.

Im Kern jeder extremen Gefahrensituation findet sich die Erfahrung von Ohnmacht und Hilflosigkeit. Ein von Betroffenen häufig gewählter „Ausweg“ aus dieser Situation ist der sog. „Totstellreflex“: alle Reaktionen werden, so weit möglich, „abgestellt“, man erstarrt förmlich, spürt dabei oft gar nichts mehr. Für manche Betroffene fühlt es sich an, als würden sie „aus ihrem Körper aussteigen“ oder „sich woanders hindenken“. Der Körper ist zwar anwesend, man kann sich später jedoch nicht oder kaum erinnern, was eigentlich passiert ist.

In der Fachsprache wird dieser Mechanismus Dissoziation (= lat. Trennung, Auflösung, Zerfall) genannt. In der Gefahrensituation selbst wirkt dieser Mechanismus wie eine Art Schutzschild. Daneben können stressbedingt eine Reihe weiterer körperlicher und psychischer Reaktionen auftreten (schnelle und flache Atmung, Verwirrtheit, Desorientierung etc.).

Die Schockphase kann Stunden bis zu max. 1 Woche andauern, wobei die unterschiedlichen Reaktionen immer wieder in Erscheinung treten können.

b) Einwirkungsphase

Diese Phase dauert üblicherweise bis zu zwei Wochen. Die stärkste Erregung ist meist abgeklungen, dennoch sind Betroffene nach wie vor von den Ereignissen stark in Anspruch genommen. So genannte „Flashbacks“, die wie blitzartige Rückblenden meist plötzlich und unwillkürlich auftauchen, wechseln sich ab mit dem Gefühl „gefühlstaub“ zu sein.

Interesselosigkeit, Selbstzweifel, Gefühle der Ohnmacht und der Hoffnungslosigkeit, Alpträume, Schlafstörungen und Ängste treten in dieser Phase häufig auf und sind für Betroffene meist schwer auszuhalten. Sie bemühen sich zudem in dieser Zeit oft (bewusst oder unbewusst) Situationen und Orte, die an das Trauma erinnern, zu vermeiden.

Eine sichere, tragende Umgebung, Menschen, die unterstützend wirken und bei denen alle auftauchenden Gefühle Platz bekommen dürfen, sind ein wesentlicher Faktor zur Vorbeugung von chronischen Folgeerscheinungen.

c) Erholungsphase

Im günstigsten Fall beginnen sich Betroffene nach zwei bis vier Wochen von ihrem Trauma zu erholen. Das traumatische Ereignis kann zwar immer noch von zentraler Bedeutung sein, daneben kehrt aber auch das Interesse am „normalen“ Leben wieder. Folgeerscheinungen können oft als zwar sehr schmerzliche, aber doch auch übliche und gesunde Reaktion auf traumatische Erlebnisse akzeptiert bzw. als Teil des Selbstheilungsprozesses angesehen werden.

Folgende Reaktionen können unmittelbar nach einer Traumatisierung auftreten:

Angstzustände und erhöhte Schreckhaftigkeit (z.B. durch Geräusche, Bewegungen).

Alpträume und Schlafstörungen: wiederkehrende Träume mit Erinnerungen oder Erinnerungsbruchstücken des Traumas; Ein – u. Durchschlafstörungen.

Wiedererleben von Teilen des Traumas (Flashbacks): plötzliche, oft nur kurz dauernde Gefühle, das traumatische Ereignis noch einmal zu erleben. Manchmal wird dies durch Schlüsselreize wie Gegenstände, Geräusche, Gerüche ausgelöst und kann auch heftige Körperreaktionen wie Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Herzrasen, … hervorrufen.

Gefühle von Entfremdung, Empfindungslosigkeit, Einsamkeit, Kontaktunsicherheit: Subjektiv wird die Kluft zwischen sich und anderen, die nicht dasselbe erlebt haben, als unüberwindlich empfunden. Dieses Gefühl kann auch vertrauten PartnerInnen und Familienmitgliedern gegenüber bestehen.

Beeinträchtigung der Wahrnehmung der Umwelt, des eigenen Körpers, der eigenen Gefühle: Der Körper, die Umgebung wird als etwas Losgelöstes, Fremdes, …erlebt.

Konzentrations- und Leistungsstörungen, Nervosität: Manchmal gibt es auch schleichende Veränderungen, die von Betroffenen gar nicht mehr mit dem Trauma in Verbindung gebracht werden, wie z.B. keine Lebensfreude mehr zu haben, keine Zukunftsperspektive zu sehen, vermindertes Interesse an Aktivitäten des täglichen Lebens, sich dauernd unwohl fühlen.

All diese Probleme können, müssen aber nicht auftreten. Manchmal sind sie nicht sehr intensiv und viele Menschen erholen sich nach einiger Zeit wieder von den schrecklichen Erlebnissen. Wichtig ist es, sich dabei Zeit zu lassen und sich nicht zu überfordern, rasch mit allem „fertig zu werden“.

Soziale Unterstützung (ein gutes und sicheres soziales Umfeld) kann ein guter Schutz gegen chronische Folgen von Traumatisierung sein.